Unser Erfolg ist die Menge an geteiltem Glück.

eingestellt von Björn Hinrichs am 7. Januar 2024 | Kategorie: Nachhaltigkeit

Unser Erfolg ist die Menge an geteiltem Glück.
Interview mit Tobias Henkel

Tobias Henkel ist Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Stiftung Neuerkerode, die im Jahr 1868 gegründet wurde. 3.500 Mitarbeitende der Stiftung unterstützen aktuell an 75 Standorten in Südostniedersachsen täglich rund 4.500 Menschen. Wir haben ihn in Neuerkerode besucht und über die Arbeit der Stiftung gesprochen.

Was macht die Evangelische Stiftung Neuerkerode aus?

Wir schaffen ein Lebensumfeld für Menschen mit Unterstützungsbedarf, das nicht nur würdevoll ist, sondern auch alles vermittelt, was man braucht, um glücklich zu sein. Es ist die Suche nach einem Glück – aber keinem scheinbaren oder unreflektiertem Glück. Wir geben den Menschen eine Art von nachhaltigem Glück.

Was ist Ihre Rolle in der Stiftung?

Das Versorgungsnetzwerk der esn hat unglaublich viele Facetten. Wir sind zwar die Manager eines solchen Unternehmens, haben es allerdings weder erfunden noch gehört es uns. Wir sind dafür zuständig, dass diese Stiftung in Ewigkeit funktioniert – zu diesem Zweck ist sie gegründet worden. Deswegen sehe ich mich als Teil des großen Ganzen. Blicken wir auf meine konkreten Aufgaben in der Stiftung, liegt bei mir der strategische Part. Das bedeutet, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir heute die Weichen setzen, um kurz-, mittel- und langfristig nachhaltig aufzustellen.

In welchen Bereichen ist die Stiftung tätig?

Die esn ist in den Bereichen „Wohnen und Behindertenhilfe“, „Jugend- und Familienhilfe“, „Arbeit und Qualifizierung“, „Pflege und Seniorenhilfe“, „Gesundheit, Rehabilitation, Suchthilfe, Müttergenesung, Familienerholung“ sowie „Schulen und Ausbildung“ tätig. Am bekanntesten sind neben dem Dorf Neuerkerode und den Werkstätten in Rautheim sicherlich das Krankenhaus Marienstift sowie die Altenheime Bethanien und St. Vinzenz in Braunschweig, aber auch die Suchthilfe des Lukas-Werks sowie die ambulante Pflege der Diakoniestationen.

Sie sind gelernter Jurist. Wie kam es dazu, dass Sie nun für eine gemeinnützige Stiftung arbeiten?

 Ich wollte schon immer an den Schnittstellen zwischen Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, Politik und Kultur arbeiten. Deswegen hat die Rechtswissenschaft das beste Handwerkszeug vermittelt, um an genau diesen Schnittstellen tätig werden zu können. Ich habe früh für mich entdeckt, dass ich meine persönlichen Interessen gepaart mit den rechtswissenschaftlichen Instrumenten in einem gemeinnützigen Umfeld sehr gut einsetzen kann. Deswegen freue ich mich, dass ich jetzt nach einer sehr langen Zeit in der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz in der Sozialwirtschaft tätig sein darf.

Was bedeutet Erfolg für Sie und Ihre Stiftung?

Für viele bedeutet Erfolg, dass man morgen mehr Geld auf dem Konto hat als heute. Erfolg hat für mich viel mehr mit Glück zu tun und ich würde mich dann als erfolgreich betrachten, wenn ich glücklich bin und etwas dazu beigetragen habe, dass mein privates und berufliches Umfeld es auch ist. Es heißt ja so schön „Erfolg hat viele Gesichter.“ In der esn sind es wirklich viele Gesichter, mit denen man sein Glück teilt. Deshalb lautet unser Slogan „Im Miteinander liegt das Glück.“

Was ist eine der größten Herausforderungen an ihrer Tätigkeit?

 Ganz klar der Fachkräftemangel. Diejenigen, die sich für die Sozialwirtschaft entscheiden, haben immer eine Leidenschaft dafür, mit anderen gemeinsam eine Wirklichkeit zu gestalten. Es geht einher mit einer hohen Empathie und der Fähigkeit, zuhören und Bedürfnisse von anderen erkennen zu können. Das macht die Arbeit bei uns attraktiv für Menschen, die mit eben dieser Grundhaltung zu uns kommen. Wir müssen aber für sie alle die richtigen Rahmenbedingungen schaffen und ihnen die Möglichkeit geben, genau diese berufliche Leidenschaft ausleben zu können.

Welche Rolle spielt Geld bei einer Stiftung ?

 Geld und Banken spielen eine bedeutende Rolle. Wir könnten große Vorhaben für die Zukunft mit den notwendigen Rahmenbedingungen nicht vollständig selbst finanzieren. Derjenige, der in uns die Zukunft sieht, wird uns auch Geld geben. Und zwar nicht ausschließlich für ein erfolgreiches Unternehmen, sondern vor allem für Menschen, die dort tätig sind. Wir sind sehr dankbar dafür, dass die Braunschweigische Landessparkasse uns schon sehr lange sehr vertrauensvoll begleitet und unseren Weg mitgeht.

Was wünschen Sie sich für die Stiftung? Wo soll es in den nächsten fünf bis zehn Jahren hingehen?

 Hätte ich die Weisheit, die gesellschaftliche Entwicklung vorherzusehen, dass die Stiftung am Ende so gewappnet ist und bereits die Instrumente ausgebildet hat, die der gesellschaftlichen Entwicklung standhalten können, dann würde ich das tun. Das ist im Kern mein Wunsch: Dass die esn auf dem Fundament der vergangen 155 Jahre die richtigen Entscheidungen für die Zukunft trifft. Es bedeutet, dass wir die Entwicklung der Gesellschaft sensibel betrachten müssen. Wir müssen denjenigen, für die wir da sind und die am Ende auch in der Zukunft große Erwartungshaltungen an uns haben, zuhören und mit ihnen sprechen – und daraus die richtigen Entscheidungen ableiten.